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<html><head><title>niplav</title>
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</head><body><h2 id="home"><a href="./index.html">home</a></h2>
<p><em>author: niplav, created: 2016-08-01, modified: 2019-06-28, language: german, status: finished, importance: 1, confidence: fiction</em></p>
<blockquote>
<p><strong>A characterisation of the letters by sound and form.</strong></p>
</blockquote><div class="toc"><div class="toc-title">Contents</div><ul><li><a href="#A">A</a><ul></ul></li><li><a href="#B">B</a><ul></ul></li><li><a href="#C">C</a><ul></ul></li><li><a href="#D">D</a><ul></ul></li><li><a href="#E">E</a><ul></ul></li><li><a href="#F">F</a><ul></ul></li><li><a href="#G">G</a><ul></ul></li><li><a href="#H">H</a><ul></ul></li><li><a href="#I">I</a><ul></ul></li><li><a href="#J">J</a><ul></ul></li><li><a href="#K">K</a><ul></ul></li><li><a href="#L">L</a><ul></ul></li><li><a href="#M">M</a><ul></ul></li><li><a href="#N">N</a><ul></ul></li><li><a href="#O">O</a><ul></ul></li><li><a href="#P">P</a><ul></ul></li><li><a href="#Q">Q</a><ul></ul></li><li><a href="#R">R</a><ul></ul></li><li><a href="#S">S</a><ul></ul></li><li><a href="#T">T</a><ul></ul></li><li><a href="#U">U</a><ul></ul></li><li><a href="#V">V</a><ul></ul></li><li><a href="#W">W</a><ul></ul></li><li><a href="#X">X</a><ul></ul></li><li><a href="#Y">Y</a><ul></ul></li><li><a href="#Z">Z</a><ul></ul></li></ul></div>
<h1 id="Buchstab"><a class="hanchor" href="#Buchstab">Buchstab</a></h1>
<ul>
<li>A: grobschlächtiger Zyklop</li>
<li>B: geschlechtlich, binär</li>
<li>C: unvollendet, Ästhetik des Scheiterns</li>
<li>D: verweichlicht, dekadent</li>
<li>E: häufig, gewalttätig, ehrlich, stark</li>
<li>F: laut, unhörbar, entweichend</li>
<li>G: bergend, beschützend, verschroben, tief</li>
<li>H: schüchtern, unhörbar, mit C&S</li>
<li>I: alt, zielstrebig, Ekel</li>
<li>J: Verräter, I und O über ι zu J, Loki, Anomalie</li>
<li>K: Klang, Kollision in Letter und Aussprache</li>
<li>L: erleuchtet, ausgelacht</li>
<li>M: Majestätisch, unerreichbar, tausend</li>
<li>N: Neues, bewegtes, vorwärtsstrebend</li>
<li>O: Quelle, genial, wahnsinnig, listig</li>
<li>P: wach, intelligent, kalt</li>
<li>Q: fremdartig, Tor</li>
<li>R: Revolution, Rage</li>
<li>S: nicht Schlange, begehrenswertes und fürchterliches</li>
<li>T: unsicher, schwankend, schützend</li>
<li>U: gemütlich, unaufgeregt, verträglich</li>
<li>V: Sanftheit, trotz aggressiver Letter</li>
<li>W: umgekehrtes M, verachtenswertes Leidendes, aufnehmend</li>
<li>X: Ziel, inaktiver Nicht-Buchstabe</li>
<li>Y: Verviefältigung, Entscheidung</li>
<li>Z: Fällt aus der Reihe</li>
</ul>
<h2 id="A"><a class="hanchor" href="#A">A</a></h2>
<p>Natürlich der Buchstabe des Anfangs, des Antretens und Aufbrechens, der
Buchstabe des Rennens, durch zwei Stummelbeine und einen kleinen Kopf
zum schnellen Laufen befähigt. Dafür aber kein wacher, intelligenter
Buchstabe wie das P, sondern ein grobschlächtiger, gemeiner Vokal,
ein häufiger, arbeitender Buchstabe. Mit dem einzelnen Auge auf Beinen
ein Zyklop, der vom Niemand, dem klugen erfinderischen O-dysseus, dem
leeren Kreis, aus dem alles entspringt, überlistet wird. Das A ist der
Buchstabe des verengten Wahrnehmung, des heulenden, verdienten Versagens,
des Zerbröckelns, der zu häufige Buchstabe.</p>
<h2 id="B"><a class="hanchor" href="#B">B</a></h2>
<p>Das B ist der barbusige, der bärtige Buchstabe, der geschlechtlichste
unter den anderen Satzzeichen, geschlechtslos im Neutrum stehend. Als
Falte sowohl Tal zwischen Bergen als auch Geschlechtsorgan, Körperteil
und Frucht. Das B fungiert als dualer, binärer Buchstabe, als
Verschmelzung des kleinen b, des herabgesunkenen, des tieferen Halbtons,
des verruchten, und des analytischen P, des nachdenklichen und des
intellektuellen. Das B ist der Buchstabe des verarmten Künstlers,
der Bohème und der Reflektion.</p>
<h2 id="C"><a class="hanchor" href="#C">C</a></h2>
<p>Das unvollendete O, die Höhle und die Bushaltestelle. Sucht Gemeinschaft
mit anderen Buchstaben, hasst die Einsamkeit. Kommt mit dem verwandten S
gut zurecht, in dem es sich selbst doppelt sieht, ebenso das K, mit dem es
kollidiert, verschmilzt und sich schließlich anpasst. Nur in der Fremde
ist es allein, meist ungenügend getarnt als Z. Der aufgegeben Buchstabe,
in dem die Ästhetik des Scheiterns sichtbar wird. Der Buchstabe des
Austauschbaren, des Ersetzbaren, und auch des Chamäleons, sich in Farbe,
aber nicht in Form ändernd.</p>
<h2 id="D"><a class="hanchor" href="#D">D</a></h2>
<p>So wie das B falsch zwei C vollendet und das O, das geniale, das C perfekt
zeigt, ist auch das dumpfe, hohle D eine unkomplette, fälschliche
Durchführung des C. Also weicher, kraftloser Buchstabe, nicht an die
Urkraft des B hinan reichend, trägt es auf einem stabilen Fundament,
an einem kräftigen Rückgrat eine unförmige, schwere Wampe, die immer
wieder Tendenzen zum Herabsacken, zum Abschlaffen zeigt. Als dummer,
dämliche Buchstabe noch verachtenswerter als das ubiquitäre E. Träge
stammelt es sich selbst dem Leser vor. Der Buchstabe der Verweichlichung,
der Made und der Dekadenz.</p>
<h2 id="E"><a class="hanchor" href="#E">E</a></h2>
<p>Als häufigster der Buchstaben ehrlich, breitschultrig, eine flächige,
dichte Letter. Essentiell für den Erhalt von Sprache und Schrift,
für Gedanke und Zunge. In der spitzen, vorwärtsgerichteten Form auch
aggressiv, fast schon gewalttätig, aber nur selten, wenn die Kraft des
Atlas nicht dazu gebraucht wird, die Säulen der Sprache zu stemmen, sie
zu erhalten und auszubauen. Ebenfalls Zeichen der Abneigung, ausgesprochen
fast ein I, das Satzzeichen des Ekels. Das E ist der Buchstabe des
gemeinen Arbeiters, Soldaten oder Bauern, der Buchstabe des Fußvolks.</p>
<h2 id="F"><a class="hanchor" href="#F">F</a></h2>
<p>Der brüllende, aufdringliche Buchstabe, dem die Bodenständigkeit
des E fehlt, die Letter des Übertreibens, des Fehlers von Babel, des
hohen Strebens und des unabwendbaren, nahen tiefen Falls. Das schallende
Fortissimo. Auch der Buchstabe des unterdrückten, des zurückgehaltenen
Ausrufs, das unvollendete "Fuck!" oder "Verdammt!". Das sehr langsame
Entweichen von Luft aus einen toten Mund, einer kaputten Luftmatratze, der
vorsichtig entwichene Furz. Der im Grunde genommene finale Buchstabe, des
schallenden, dramatischen Endes und des langsamen, folgenden Schlusses,
als Abschluss viel besser als das farblose Z.</p>
<h2 id="G"><a class="hanchor" href="#G">G</a></h2>
<p>Von der Form her der bergende, beschützende Buchstabe, die große
Höhle mit dem kleinen, stufenförmigen Eingang. Eine feste, ehrliche
Letter, die auch im Klang dem Wort Grund und Boden wiedergibt, verwandt
mit dem animalischeren, wilderen B, mit dem es sich nie blicken
lässt. Der Buchstabe der Gabe, des Guten und des Gründlichen, mit
einer bei genauerer Betrachtung sich zeigenden verschlingenden Tiefe,
einem ungeahnten und anfangs sich nicht zeigenden Abyss, der an die
Verwandschaft mit dem O-Vater erinnert, und den unscheinbaren Charakter
des G als widersinnig und gefüllt mit Tosen erkennnbar werden lässt. Das
G ist der Buchstabe des Erstaunens vor einem gigantischen Berg, einer
wuchtigen Welle.</p>
<h2 id="H"><a class="hanchor" href="#H">H</a></h2>
<p>Das sich Verstecken, das schüchterne, leise Vorbeihuschen, immer
in der Angst, gesehen oder gehört zu werden. Leichter Nieselregen,
der verdampft, noch bevor er auf die Haut auftrifft, die flüchtige,
federhafte Wolke, spinnwebiger Nebel. Verweist immer auf den Nächsten,
schiebt sich in den Hintergrund. Mag das gescheiterte C, auch, weil es
sich in verruchten Vierteln am wohlsten fühlt. Im Ausland auch mit dem
S gesichtet worden, eine Liaison ist nicht auszuschließen. Aber das H
ist unzuverlässig, und es kann sich morgen oder nächstes Jahr völlig
anders, oder auch sehr ähnlich verhalten. Zudem ein flacher, dünner
Buchstabe, unsicheres T und zielstrebiges, uraltes I in einer Letter
vereint, eine Kreatur erzeugend, die sich nicht zeigen will, sich ihrer
selbst schämt. Die Abkehr von der Welt, das vorsichtige Heraustasten.</p>
<h2 id="I"><a class="hanchor" href="#I">I</a></h2>
<p>Das Zielstrebige, Alte und Einfache, das Durchschlagen
eines Metallstückes mit einer Axt, der Kampfschrei eines
Karatekämpfers. Langgezogen sich in Abscheu, in Ekel transformierend,
in abstoßendes Realisieren. Die einfachste der Lettern, zielstrebig,
nach oben, in den Nachthimmel strebend, als neugieriger Marterpfahl,
wissensdurstiger Speer, ehrgeiziger Menhir. Der phallische Buchstabe,
zurückgeblieben aus präantiken Zeiten, die nicht in Räumen hausten. Der
Buchstabe des Selbstbezugs, sich im Englischen und Deutschen erläuternd
und festlegend, die Barriere zwischen Welt und Selbst ziehend. Der Angriff
und der Weg zur Philosophie, das Speer, das Schwert und die tote Schlange,
kopfüber aufgehängt.</p>
<h2 id="J"><a class="hanchor" href="#J">J</a></h2>
<p>Der Buchstabe des Judas und des Jesus, des Verräters und des Verratenen,
beide in ihrer eigenen Schuld, gezwungen auch zu eigenen Maßnahmen. Aus
dem atavistischen I durch das ι mithilfe des O entwachsen, eine untreue
Kombination, im Aussehen dem schlaffen D, im Wesen dem fremdartigen,
einbeinigen Q gleichend, die ungetrübte Zielstrebigkeit des Vorfahrens
vergessend im Dämmerlicht umhertaumelnd. Wenn auch nicht in dessen
Namen enthalten, dennoch der opportunistische Loki, kein boshafter,
sondern alles nur als Verwirrspiel sehender Buchstabe. Als Angelhaken
in den Text geworfen, den Leser zum Stolpern bringend, die Anomalie
in der Passage. Die Letter des Jägers, der Falle, des Taumelns und
Verschluckens.</p>
<h2 id="K"><a class="hanchor" href="#K">K</a></h2>
<p>Letter und Klang beschreiben das Gleiche, ein Krachen, Klackern, Tackern
und Knacken, die Pfeilspitze, die in eine Holzplatte einschlägt, das
Fahrzeug, das mit der Betonwand kollidiert, das Kalium, das mit Wasser
reagiert. Der Buchstabe des Geräusches, des Aneinanderschlagens zweier
Holzstäbe, das Klicken der Sicherung. Am Besten dargestellt durch die
Kastagnetten. In Schrift das knappe Dreieck, das mit einer eben noch Wucht
an ein unverrückbares I gestoßen ist, jetzt aber sofort aufgehalten,
in sich als Ecke das unrundeste, das gefaltete Symbol. Der Unfall und
das Geräusch, das Mechanische in der Sprache, im Text.</p>
<h2 id="L"><a class="hanchor" href="#L">L</a></h2>
<p>Das Ziehen von elektromagnetischer Strahlung durch unzählige
Kubikkilometer Vakuum, und, nach kurzer, schwerer Bremsung an
kaltem Stickstoff das Anregen einer Photozelle, eine Kaskade
von Ionenübertragungen auslösend, in unglaublicher Komplexität
durcheinanderjagend. Der Buchstabe des Lichtes, der Erleuchtung, und
all dessen, was als spirituell bezeichnet werden kann und normalerweise
auch wird. Das Schnelle, Flexible, Lachhaft-Lustige und Fröhliche, auf
intellektuelle Weise vom P als unvernünftig und unlogisch wahrgenommene
ist im Erleuchteten, Klaren deutlich erkennbar. Die offensichtliche
simple Form, Proportionalität als Grundprinzip, zu selbstverloren und
vom Klugen, Gemeinen ausgelacht.</p>
<h2 id="M"><a class="hanchor" href="#M">M</a></h2>
<p>Das ist als die lateinische Tausend der vielbeinige, spinnenartig
markante Buchstabe des Ungeheuers und Monsters. Durch die Ähnlichkeit
mir einer Königskrone wird aber hierbei jeder Eindruck des Niederen
und Schleichenden negiert, anstatt dessen trohnt das M fürstlich,
ja majestätisch sogar über den übrigen Lettern als scheinbar
gigantischer Arachnide. Es hockt auf einer Anhöhe, ein doppelt
verkehrtes fürchterliches V. Als Anfang des Mammuts, des Matternhorns
in Doppelspitze unverrückbar, fest auf den Grund gestellt ist das M
Anker und Fixpunkt im Text. Der Buchstabe des Abwehrens, des Abstoßens
(ganz im Gegensatz zum aufnehmenden W). Als Laut wahrgenommen als Knebel
und Diner, beide Sprache verschlingend und unterdrückend, wie auch die
Dreifachspitze auf den Text drückt und auf ihm liegt.</p>
<h2 id="N"><a class="hanchor" href="#N">N</a></h2>
<p>Amputiertes M, wodurch aus dem vormals starren Vorgänger durch die
Verstümmelung ein treibender, angetriebener und somit unendlich viel
leichterer Buchstabe wird. Das Schnelle und Neugierige, das durch das
Entfernen alten Ballasts, das Kappen von Geschwüren und das Absaugen
von Masse erzeugt wird, das Neue und Aufregende nach sich ziehend,
welches absehbar wieder im M-orast versandet. So als kleiner Sprachzyklus
implementiert, in dem bei 5 das »fünf« in der Sprache zu »fümf«
erkaltet, die Zunge zu mau, bis die erlösende Schrift die Rettungsletter
der Grammatik, der Schrift wirft. Der witzige Buchstabe, der es Rennens
und des Namens.</p>
<h2 id="O"><a class="hanchor" href="#O">O</a></h2>
<p>Die Letter der unendlich tiefen Quelle. Die vakuumisierte Iris eines
mittelalterlichen Hexenmeisters. Die klare Lösung, der elegante
Beweis eines komplizierten Problems, eines unverständlich komplexen
Theorems. Die Schönheit, als prinzipiell unveräußerlich, niemals
begreiflich angesehen. Inmitten des Tornados der Buchstaben das
kreisrunde, intergalaktische Auge des Sturms, in dem jeder Gedanke
klar und kontemporär undenkbar ist. Das O, das Ende und Ω, das alles
verschlingt, was man auf es draufmultipliziert. Der Motor des Kosmos, das
rollende Rad der Fortuna, das Unglückliche und Glückliche gleichermaßen
unter sich tosend zermalmend. Aufgerissener, wahnsinnig schreiender Mund,
der ewig kreisend jede Frage mit einer Antwort auslöscht und gleichzeitig
mit einem neuen »?« fortpflanzt. Der Buchstabe der Übelkeit, die durch
das Erkennen des Wissbaren in der Welt vermittelt wird. Die Letter der
Perfektion, des Unendlichen.</p>
<h2 id="P"><a class="hanchor" href="#P">P</a></h2>
<p>Beinahe bucklig sitzt der Kopf dieses halben B, des instabilen rotierten
b, während es sich in einer komplett unrealistischen Position aufrecht
hält, pure intellektuelle Energie nutzend. Das P ist das Satzzeichen
des Vornübergebeugten, des Wachen und Denkenden, aber auch die Letter
des Instabilen, des zu vertieften, der Außenwelt unabkömmlichen
Interesses. Auch kommt das P in seiner bis zum Ende durchgezogenen
Klugheit, seiner skrupulösen Denkweise zu herzlos scheinenden Perlen
am Ende der logischen, ohne Zögern durchgezogenen Kette. Das P ist der
Buchstabe des finalen, begründbaren Entschlusses, und des amoralischen,
entfremdeten Intellekts.</p>
<h2 id="Q"><a class="hanchor" href="#Q">Q</a></h2>
<p>In Ähnlichkeit zum B und zum J lässt sich der Quantenbuchstabe niemals
vollständig begreifen, ein Flirren zwischen Objekt und Subjekt, das
gleichzeitige 'fremdartig sein' und 'sich fremdartig fühlen'. Wie
mit einem Hebel ausgestattet ist die Tresortür Q das Wurmloch in
untapezierte Welten, ein multiversales Tor, euklidischen Regelungen
zutiefst abgeneigt. Wo sich Paralellen im Unendlichen treffen, wo Dodos
auf Superstringtheorien herumhüpfen und Gödel mit Turing Mau-Mau
spielt, sitzt das Q auf einem Menger-Schwamm und regiert sein Reich
des Abgefahrenen. Der Buchstabe des Angehaltenen, des schrägen Daches,
und des hinkenden, alten Einbeinigen.</p>
<h2 id="R"><a class="hanchor" href="#R">R</a></h2>
<p>R ist N und P. R ist K als Hammer, mit dem man als wirkliches Werkzeug
zuschlagen kann. R ist Rage, Revolution, Aufbruch, Zerstörung. R
schreitet, R philosophiert nicht, außer als Destruktivist. R existiert
als Objekt, als stechender, giftiger, erkennbarer Rauch, unanfechtbar,
verletzend, der theoretischen Kritik immun. R dringt in dein Haus ein,
durchsucht deinen Besitz, verhaftet deinen Onkel, verhört deine Kinder,
liest deine Souvenire, bespitzelt die Welt. R manipuliert, betreibt
Propaganda, zensiert und exekutiert, aber nur unter Ausschluss von
Journalisten. R ist verlogen, verboten, das verfälschte Aufwühlende
und Verbessernde. R ist rot, autoritär, nihilistisch, marxistisch, das
D für seine Zwecke benutzend, missbrauchend. R ist die Schweinediktatur
auf dem Bauernhof der Menschheit.</p>
<h2 id="S"><a class="hanchor" href="#S">S</a></h2>
<p>Das S ist, nichtsdestotrotz man es mit dem typischen Geräusch der
Schlange, das überhaupt kein S, sondern vielmehr, obwohl dies auch
missverstanden ist, ein F oder sogar eigentlich nicht reales FH ist,
assoziiert und auch der Form nach zuordnet, dies aber ebenfalls nicht
der Realität entsprechen kann, da die Schlange eher G oder meistens,
in einer Schlafposition verharrend, eher sogar O ist, den Kopf tief
als Ouroboros im Selbstleib vergraben, schlafend und fressend die Welt
neu kreierend, am ehesten gleichzeitig mit der Kurvigkeit des Weges,
seinen ihn ausmachenden, von einer speziellen Aura gekennzeichneten
Abweichungen, und auch mit der erotischen Sexualität verbunden, das
zur selben Zeit fürchterliche und begehrenswertete Angedeutete, das
den Menschen, der es nicht versteht und es auch nicht begreifen kann,
in seinen unaufhaltsamen Untergang reißt, nicht aber aus Boshaftigkeit,
nur aus der Unfähigkeit des Wesens, mit ihm umzugehen.</p>
<h2 id="T"><a class="hanchor" href="#T">T</a></h2>
<p>Das T ist das buchstäbliche Symbol der Unsicherheit und der vorsichtigen
Balance, die Letter, die nur durch Abwesenheit von Wind auf dem Boden
hält, die fallen würde, wenn Naturgewalt oder menschliche Kraft,
unabhängig der Intention, es aggressierte. Auch die Symmetrie bestätigt
und bekräftigt die Balance, die so viel stabiler in ihrer Umkehrung,
dem Symbol für Orthogonalität, wäre. Das T ist der Buchstabe des
gemäßigten, der achtsamen Trance, des kurz bevorstehenden Traumas. Auch
Buchstabe des Schirms, des Beschützens, unwillkommene Mächte aus
dem All fernhaltend, sich im unendlich tiefen O verkeilend, um sich
selbst vor dem Hineinfallen zu bewahren. Der Buchstabe des Taumelns,
des Torkelns und des Trockenen.</p>
<h2 id="U"><a class="hanchor" href="#U">U</a></h2>
<p>Das U ist das, was es sein sollte, Krug der Phonetik, Kelch der
Orthographie, leise auf dem poetischen Teich schaukelnd, aber auch
gefüllt mit den Inhalten des kommenden Textes, nur bereit dazu, von
einem unternehmungslustigen Leser mit einem Schluck ausgetrunken zu
werden, voller Genuss, leider nur nur von kurzer Dauer. Kein aktiver
Buchstabe, derer es so viele gibt, dennoch nicht zu vergleichen mit
dem Couchpotato-D, eher gemütlich, unaufgeregt. Gesellig, aber nicht
aufdringlich, humorvoll, aber nicht unverschämt, ein wenig spießig,
kein P oder O, die die Maschinerie der Welt jeden Tag inspizieren,
eher eine Letter, die die Modelleisenbahn im eigenen Keller betrachtet.
Das U hat einen fast identischen Sohn u, die man ohne Größenunterschied
nicht voneinander trennen könnte. Das U scheut Neues, überschätzt
Bewährtes, nie feindselig, dennoch protektionistisch.</p>
<h2 id="V"><a class="hanchor" href="#V">V</a></h2>
<p>Warum ist das V ein sich in den Boden rammender Pflock, der der Sanftheit
der Aussprache widerspricht? Wieso ist das V nicht die ~, aus welchem
Grund hat man nicht das leicht abfallende \ oder / verwendet, sondern
penetrierend beide miteinander verbunden, ein \/ formend, logische
Wahlmöglichkeit suggerierend? Wie kam man auf die Idee, die Feder der
Lettern, die im Schmutz lebenden Daunen auch wieder zum Kelch zu machen,
den man bedenkenlos austrinkt? Erstaunlich ist aber ohne Zweifel, dass
das V dadurch nicht vergewaltigt wird, es behält seinen nebelhaften
Charakter bei, ohne die krasse Aggression der Letter zu beachten. Das V
ist der Buchstabe des gleichmütigen, L-ähnlichen erleuchteten Ertragens,
des Schilfgrases.</p>
<h2 id="W"><a class="hanchor" href="#W">W</a></h2>
<p>Wie das M bionisch Leid, Schmutz und Außenwelt an sich abprallen
lässt, so ist das W Sammelbecken für alles, was es schafft, über
den steilen Rand zu klettern und es zu verseuchen. Der Klang des W ist
sein weinerliches Klagen, aus Antriebslosigkeit selbst verschuldetes
Dahinsiechen. Nutzlos, schwer und verfilzt liegt es im Weg, einfach
zu ersetzen durch das elegante V, das als Nachbar und als einziger
Buchstabe zum W hält, wahrscheinlich sowohl wegen einer visuellen als
auch einer audiblen Ähnlichkeit. Seine weinerliche Schwäche steht
im Kontrapunkt zum fragenden, ergo wieder "aufnehmenden" Charakter,
es beherrscht die Sätze des Wissen-Wollens mit seinem "Wie", "Wo" und
"Warum". Der Buchstabe der Disziplinlosigkeit, des Wasserbüffels und
des kleinen Kindes.</p>
<h2 id="X"><a class="hanchor" href="#X">X</a></h2>
<p>Buchstabe des Ziels, des langbeinigen Käfers an der Wand, der gehäuteten
Frau, des geräderten Kindes. Wie das Z zum Ts, so das X zum Ks,
im Grunde genommen ersetzbar durch vereinte Kraft zweier anderer
Lettern. Ein wehrhaft gespanntes K, oder aber eines mit gebrochenem
Rücken. Aber nur bereit nur zur passiven Verteidigung-außer dem
xerographieren hat das X trotz der Weisung keine Aktion, nur Ort, nicht
aber Weg enthaltend. Enthaltung aus der Sprache ist sowieso eine der
Stärken des X, als chi schon lange von C und H verdrängt, ist es
heute nur dazu geeignet, das Besondere, Futuristische für zugekoxte
Werbefachleute zu spielen. Der Buchstabe der glänzenden, kalten Marke
und des Automobils. Die Nicht-Letter.</p>
<h2 id="Y"><a class="hanchor" href="#Y">Y</a></h2>
<p>Als Vereinigung von I und V auch ein antiker Buchstabe griechischen
Ursprungs. Die Letter der Entscheidung, fähig, sowohl J als auch
Ü zu ersetzen (letzteres zu einer schöneren, eleganteren Sprache
fyhrend, da redundanzvernichtend). Der Buchstabe des Mynzwurfs und
der Superposition, probabilistische Welten wie Damoklesschwerter yber
uns schwebend, bereit, Leben und Tod zu passieren, ohne Richtspruch
eines allmächtigen Wesens. Zudem die Letter der Vervielfältigung, des
Kopierens und des exakten, transistorweisen Klonens. (Taucht deswegen
auch nie zu zweit auf)? Des Buchstabe des Astes, des Stammbaums und der
Wanderung flussaufwärts. Die Rune mit gekapptem Kopf.</p>
<h2 id="Z"><a class="hanchor" href="#Z">Z</a></h2>
<p>Das Z zerreißt die Einheit der letzten 3 alphabetischen Instanzen, von X
durch Entfernen eines Glieds zu Y, durch weiteres Abschneiden wäre ein
/ möglich gewesen, das aber schon an anderer Stellen für Alternierung
verwendet wurde (Wieso eigentlich? Ist eines nicht genug?). Stattdessen
ein punktsymmetrisch verschobenes E, ein rotiertes, unfassbar statisches
N, keine einzige Eigenschaft der Elternlettern aufgreifend. Im Gebrauch
recht sparsam, um seine Ersetzbarkeit zu übertünchen, sich von dem Ts zu
verstecken, was bis zur Gegenwart außer beim Tsar exzellent gelang. Der
Buchstabe des Außenseiters, des davongelaufenen Jugendlichen, des sich
Tarnenden und der Camouflage.</p>
</body></html>